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Veröffentlicht am
24. Februar 2021

Kategorie(n)
Deutschland
Polen
Recht
Tschechien
Zerrissene Familien: Sachsen verstößt gegen Menschenrechte – RIEDIGER. legal | tax klagt

Die Sächsische Quarantäne-Verordnung in der Änderung vom 15.02.2021 verstößt aus unserer Sicht gegen die Menschenrechte, namentlich gegen die über internationale Abkommen geschützten Kinderrechte und höherrangiges Recht. Konkret ist es Elternteilen in Patchwork-Familien mit minderjährigen Kindern in Sachsen und in Tschechien derzeit unmöglich, sich um ihre Kinder in beiden Ländern gleichermaßen zu kümmern. Der Umgang mit beiden Elternteilen ist jedoch ein zentrales Kinderrecht, das auf deutscher sowie EU- und UN-Ebene verankert ist.

Die Kanzlei RIEDIGER. legal | tax erweitert deswegen ihre bereits eingereichte Klage gegen den Freistaat Sachsen per Antrag auf einstweilige Verfügung.

Der Hintergrund:
Tschechien ist seit dem 15.02.2021 vom Auswärtigen Amt als Virusvariantengebiet eingestuft. Bei der Rückkehr nach Deutschland ist der Reisende zu einer 14-tägigen Quarantäne verpflichtet. Wer also nach Tschechien reist, um sein Kind zu betreuen, ist nach der Rückkehr nach Sachsen nicht mehr in der Lage, sein in Deutschland lebendes Kind ausreichend zu umsorgen oder zum Kindergarten zu bringen. Ob sich
der betroffene Elternteil für einen Grenzübertritt entscheidet oder nicht: Es ist immer zu Lasten eines seiner Kinder. Für Familien gelten keine Ausnahmen – außer zur Geburt oder wenn ein Elternteil wirklich ausfällt. Durch die Regelung werden viele Familien wochen- und monatelang zerrissen. Die aktuelle Regelung gilt unbefristet.

Zusätzlich benötigen Reisende aus Deutschland seit dem 14.02.2021 beim Grenzübertritt nach Tschechien einen negativen Corona-Test nicht älter als 36 Stunden, da Deutschland im europäischen Ampelsystem als „rot“ gekennzeichnet ist. Die Kosten hierfür haben die Familien zu tragen. Anders als bei Berufspendlern sind hier staatliche Unterstützungen nicht vorgesehen.

Welche Rechte werden konkret verletzt?
Deutschland hat als erstes europäisches Land die Kinderrechtskonvention der UN unterzeichnet und ist Mitgliedsstaat der europäischen Menschenrechtskonvention. Auch die deutschen Grundrechte schützen die Kinder auf oberster Ebene. Eine Einschränkung dieser Rechte ist nicht hinnehmbar. Kinder sind die verletzlichste Gruppe der Gesellschaft, können jedoch nicht für sich selbst eintreten. Sie benötigen
besonderen Schutz, gerade in schw9erigen Zeiten. Eltern bilden in der Kernfamilie stets die erste Anlaufstelle. Dem müssen auch Corona-Schutzmaßnahmen gerecht werden.

Wer klagt?
Die Kanzlei RIEDIGER. legal | tax ist mit Standorten in Sachsen, Tschechien und Polen eine der führenden Organisationen für internationale Wirtschaftsbeziehungen. Unsere Arbeit in den Bereichen Rechtsberatung, Steuer- und Unternehmensberatung, sowie Fachübersetzung ist grenzübergreifend. Wir glauben an ein starkes und offenes Europa!

Der Geschäftsführer Denis Riediger ist selbst Betroffener. Er hat jeweils ein in Prag und ein in Deutschland lebendes minderjähriges Kind. Ein weiterer Beschäftigter der Kanzlei, Michal Cerman, wohnt in Tschechien, hat dort ein Kleinkind und arbeitet in Deutschland. Uns sind einige weitere ähnliche Fälle aus unserem Mandantenkreis bekannt.

Bereits im Januar reichten wir den ursprünglichen Antrag auf einstweilige Verfügung gegen die Testpflicht für Pendler an der Grenze ein. Nun erweitern wir die Klage auch im Sinne der Kinder.

 

Was soll erreicht werden?
Dass Einreisende unter Generalverdacht als Virusträger stehen, halten wir für eine diskriminierende Ungleichbehandlung zu Lasten der Kinder. Die Quarantäne wird als pauschale Maßnahme angewandt, die jedoch nur bei nachweislich Infizierten Sinn macht. Wir wollen erreichen, dass die Quarantäne-Regelung außer Vollzug gesetzt und dringend nachgearbeitet wird. Die Schlechterstellung vieler Betroffener muss
ein Ende haben. Als deutlich milderes Mittel sind Durchgangstests an den Grenzübergängen zu installieren und ebenso auf Kosten der Allgemeinheit zu betreiben wie es auch sonst im nationalen Kontext üblich ist. Eine Quarantänierung von Menschen ohne Anhaltspunkt der Infektion stellt eine übermäßige Belastung dar, die auch von den gesetzlichen Befugnissen nicht gedeckt ist.

Wir wünschen uns trotz der Pandemie ein demokratisches und freies Europa – und Corona-Schutz mit Maß! Europas große Stärken sind Demokratie und Freiheit. Auch während ernst zu nehmender Herausforderungen wie COVID-19 sollten wir uns dieser Stärken bewusst sein und die Folgen der einzelnen Schutz-Maßnahmen genau abwägen.

Wir wollen mit dem Antrag ein Zeichen setzen, dass unser System funktioniert! Wir wollen zeigen, dass kein Anlass besteht, sich Verschwörungstheorien hinzugeben oder Politikverdrossenheit zu zeigen. COVID-19 ist eine Herausforderung für die gesamte Gesellschaft. Wir alle müssen nach den bestmöglichen Lösungen ringen: Medizinisch, politisch und auch juristisch! Wir arbeiten mit unseren rechtlichen Schritten nicht gegen das System, sondern sind selbst ein Teil dieser Gesellschaft. Wir stehen ein für Verantwortungsbewusstsein und Gemeinschaftsgefühl!

Mit freundlichen Grüßen,

 

Denis Riediger
Rechtsanwalt (attorney at law) – D/CZ
Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht, Handels- und Gesellschaftsrecht
(certified specialist solicitor for international business law, commercial and corporate law)
Zertifizierter Berater für Internationales Steuerrecht (DAA)
(certified specialist advisor for international tax law)